· 2016
In fünf Erzählungen versucht Albrecht Franke, die Problematik und die Fragwürdigkeit von Künstlerexistenzen zu gestalten, das Leben von Dichtern, die im weitesten Sinne dem Expressionismus zugerechnet werden können: Peter Hille, Georg Heym, Georg Trakl, Theodor Däubler und Paul Zech. Die erzählerischen Anlässe sind bekannt: Peter Hille stirbt nach einem auf einem Bahnhof erlittenen Blutsturz am 7. Mai 1904 in einer Berliner Klinik, Georg Heym ertrinkt am 16. Januar 1912 bei dem Versuch, seinen ins Eis eingebrochenen Freund Ernst Balcke zu retten, Georg Trakl nimmt in der Nacht vom 3. auf den 4. November 1914 in einem Krakauer Garnisonsspital eine Überdosis Kokain, Theodor Däubler verbringt die letzten Wochen seines Lebens in dem Schwarzwaldkurort Sankt Blasien, wo er 1934 stirbt, und Paul Zech wagt im Sommer 1933 einen „Absprung ins Blaue“ hinein, um der drohenden Gefahr einer Verhaftung zu entgehen – Prag und Buenos Aires sind die weiteren Stationen seines Lebens, seine Heimat sieht er nicht wieder. Fünf Dichterschicksale also, erfasst im Augenblick scheinbaren Scheiterns, an Schlusspunkten widersprüchlicher Biografien. Zwischen Rebellion und Hoffnung, zwischen Ohnmacht und Handeln, zwischen lautem und leisem Protest gegen versteinerte Verhältnisse – diese Spannungsfelder bestimmten ihr Leben. Die humane Anstrengung Hilles, Heyms, Trakls, Däublers und Zechs macht sie gegenwärtig, sowohl 1983, als diese Erzählungen zum ersten Male erschienen, wie auch heute. INHALT: Letzte Wanderung Doppelschleife Purpurner Schlaf Däubler in Sankt Blasien Fluchtstation
· 2016
»Es war die Zeit, in der ich allmählich das Ausmaß der indolenten Bequemlichkeit begriff, die ich mir während des Jahrzehnts meines Lehrerdaseins nach und nach zugelegt hatte. Freilich, da waren gute Vorsätze, ein paar Extratouren, der Wille zum Anderssein und Andersmachen. Trotzdem begann ich, mir einzureden, daß allein gute Stoffvermittlung und Ruhe in den Klassen wichtig seien . . . Der Schnitt dann unerwartet, ein Sturz gleichsam. Vor einem Jahr schien es mir, als sei alles ohne jede Ankündigung gekommen. Inzwischen glaube ich, daß die Vorzeichen von mir nicht bemerkt wurden.« Vor etwa fünfzehn Jahren hatte sich Christian Dannenberg mit Begeisterung für seinen Beruf entschieden und ist nun in eine Persönlichkeitskrise geraten. Ein vierzehnjähriges Mädchen seiner Klasse hat versucht, sich die Pulsader aufzuschneiden. Nach dem ersten Schreck beginnt bei dem Klassenlehrer das Nachdenken über sich, seine Ehe, die Kollegen, Bekannte und darüber, wie er sich in dieser »zugespitzten Situation« verhalten soll. Die Sache des Mädchens wird zu seiner eigenen, und er muß sich eingestehen, »hornhäutig« geworden zu sein, ein routinierter Stoffvermittler und Zensurengeber, ein oberflächlicher, unmutiger Typ - und dies nicht nur in der Begegnung mit seinen Schülern. Die Krise ist umfassender. Der Autor Albrecht Franke, der in Stendal lebt, ist auch Lehrer. Nach seinen Erzählungen über Expressionisten, »Letzte Wanderung«, hat er eine Gegenwartsgeschichte geschrieben, deren Problematik weit hinausgeht über den schulischen Bereich. Er plädiert für risikobereites, verantwortungsbewußtes Handeln - auch wenn dabei, trotz bester Absicht, nicht alles wohlgerät. Es gibt Lebenssituationen, da müssen Konventionen gedehnt und gestreckt werden, vorgegebene Muster gelten nicht mehr, und das Eingeständnis eigenen Versagens steht oft am Anfang einer Wandlung - in dieser Geschichte an der des Lehrers Christian Dannenberg.
· 2016
Frühherbst 1750. Georg Friedrich Händel, erfolgreicher Komponist und Musiker, mehr Engländer schon als Deutscher, reich, prätentiös, arrogant, einsam, nachdenklich und oft unsicher, ist zu einem Besuch in seine Geburtsstadt Halle gekommen. Die Garnisons- und Universitätsstadt an der Saale freilich hat wenig zu bieten, wenn man aus London kommt. Was will der alternde Komponist, dem in London Herzöge, Sängerinnen, Kastraten und Musikunternehmer zu Füßen liegen, hier? Man erinnert sich seiner kaum noch, Erfolge auf der britischen Insel oder in Dublin interessieren in Halle nicht sehr. Und ein Geschäftsmann wie Händel nahm die Schwierigkeiten einer Reise aufs Festland nur in Kauf, wenn es galt, Sänger oder Musiker einzukaufen, oder wenn es galt, die Arbeitsfähigkeit durch fast gewaltsame Kuren wieder herzustellen. Diese Reise ohne rechten Grund jedoch ist verbürgt – und so gut sonst Georg Friedrich Händels Biografie bekannt ist: Über die Tage in Halle 1750 weiß man nur wenig. Albrecht Franke füllt die Lücken mit einer Erzählung, in der der äußere Glanz des erfolgreichen Künstlers mit dessen innerer Not konfrontiert wird. Händel hat begründete Angst zu erblinden. Und wie unter dem Zwang, alles zu sehen und aufzubewahren, wächst die Musik des Oratoriums „Jephta“ in ihm auf – der biblischen Geschichte eines Mannes, der dem Erfolg als Feldherr das Liebste opfern will ... Und die Jephta-Musik wird in London geschrieben werden, im Kampf gegen die Erblindung.
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