Nach der verlorenen Schlacht um Stalingrad und trotz der Mobilisierung aller Ressourcen während des »totalen Krieges« war die Niederlage Deutschlands absehbar. Der bedingungslosen Kapitulation folgten die Besatzung durch die Alliierten und der moralische Bankrott. Zeitgleich und mit Unterstützung der sowjetischen Besatzungsmacht etablierten sich nach 1945 auch in Sachsen Strukturen einer neuen Herrschaft, die in immer stärkerem Maße dem sowjetischen Leitbild ähnelten. Bis 1948 hatten sich wichtige Weichenstellungen in der Politik, Wirtschaft oder im Elitentransfer vollzogen – zumeist legitimiert durch den Anspruch einer »antifaschistisch-demokratischen« Umwälzung. Dennoch steht das Jahr 1945 nicht für eine »Stunde Null«. Der radikale politische und gesellschaftliche Umbruch schloss neben Brüchen auch Kontinuitäten ein. Weite Teile der Bevölkerung erlebten die Jahre 1943 bis 1949 als eine Zeit der extremen Ausnahmesituation und revolutionären Umwälzung. Untersuchungen zu diesem Zeitraum gibt es bereits für das Gebiet der alten Bundesrepublik, für das der ehemaligen SBZ/DDR stehen sie noch aus. Dieser Sammelband beginnt damit, diese Forschungslücke zu schließen. Die 28 Beiträge beschäftigen sich mit der inneren Verfasstheit der Kriegsendgesellschaft in Sachsen, der Errichtung einer neuen Herrschaft unter der Ägide der sowjetischen Besatzungsmacht und mit dem Wandel der Gesellschaft über die Zäsur von 1945 hinweg.
Vergleichende Fragestellungen nehmen in der Geschichtswissenschaft einen breiten Raum ein. Die komparative Methode bietet nicht nur neue Erkenntnismöglichkeiten, die weit über eine »klassische« Nationalstaatsgeschichte hinausreichen. Sie öffnet auch den Blick dafür, dass historische Entwicklungen immer auch als Beziehungs- und Verflechtungsgeschichte gedacht werden können. Politische und gesellschaftliche Strukturen stehen dabei ebenso im Mittelpunkt wie handelnde Akteure und kulturelle Prägungen. Gerade für das »globalisierte« 20. Jahrhundert gilt, dass sich die Ursachen historischer Ereignisse wie die Zerstörung Europas durch zwei Weltkriege, die Zeit des Kalten Krieges und die Epochenwende von 1989/90 durch vergleichende Forschungsansätze besser ergründen lassen. Die Suche nach sinnvollen Vergleichsfeldern und systematisierenden Kriterien bleibt eine anspruchsvolle Herausforderung für die moderne Zeitgeschichtsforschung.
· 2009
In der Reihe werden fast ausschließlich Manuskripte veröffentlicht, die dem Institut von außerhalb angeboten werden. Eine Veröffentlichung erfolgt erst nach einem mehrstufigen – positiv verlaufenen – Begutachtungsverfahren. Zumeist werden pro Jahr zwei Monographien publiziert, deren Umfang 500 Seiten nicht überschreiten sollte. Die bisher erschienenen Arbeiten weisen ein breites Themenspektrum auf, wobei der Schwerpunkt bisher auf der NS-Forschung lag. Die Reihe beschränkt sich nicht auf Darstellungen über die deutsche Geschichte im 20. Jahrhundert, sondern rückt zunehmend auch geschichtliche Entwicklungen in anderen europäischen Staaten in den Blick. Für die redaktionelle Betreuung der Manuskripte ist Petra Weber zuständig.
Der Band versammelt Beiträge zur allmählichen Herausbildung kultureller Milieus im Spektrum von der völkischen Bewegung der Weimarer Republik bis zum formierten Nationalsozialismus. Die Vergesellschaftung durch Kultur, also durch gemeinsame Normen und ästhetisierte Praktiken gehört zu den Kennzeichen der Moderne. Der Band bietet exemplarische Fallstudien dazu. Dabei reicht das Spektrum von der Institutionengeschichte bis zu den ästhetischen Repräsentationen.