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  • Book cover of Vermögensentzug, Restitution und Entschädigung der Roma und Sinti

    Die vorliegende Publikation behandelt erstmals umfassend den Vermogensentzug, die Rolle der Profiteure und die Praxis der Ruckstellungen bei Roma und Sinti im Burgenland. Der Vermogensentzug durch Zwangsarbeit und Enteignung sowie die Ruckstellung entzogener Vermogenswerte beziehungsweise die Entschadigung der osterreichischen Roma und Sinti - meist als "Zigeuner" bezeichnet - erfolgten nicht immer im Gleichklang mit den entsprechenden Massnahmen gegen die osterreichischen Juden. Hier ist eine Gruppe von Menschen, die von den Nationalsozialisten anders definiert wurden als die ubrigen Opfergruppen und die wegen ihrer Position als diskriminierte Aussenseiter in der osterreichischen Gesellschaft - und grossteils als Angehorige der sozialen Unterschicht - bereits vor und auch wieder nach dem nationalsozialistischen Regime als "Zigeuner" verfolgt wurden. Eine besondere Frage war jene nach der Definition und der Grosse des vom Vermogensentzug betroffenen Personenkreises sowie nach der Zahl der Uberlebenden im Jahr 1945. Der Begriff "Zigeuner" ist eine eindeutige Fremdzuschreibung und beschreibt nicht ausschliesslich die Vorfahren der heutigen Roma und Sinti. Die Opfergruppe der "Zigeuner" umfasste nach verschiedenen Schatzungen ca. 11.000 Personen, von denen ca. 9.000 bis 9.500 im Burgenland lebten. Nur ca. 1.500 bis 2.000 uberlebten die nationalsozialistische Verfolgung. Der Vermogensentzug war vielfaltig und umfanglicher als bisher angenommen. Besonders zu erwahnen sind hier der Entzug der Gewerbeberechtigung, das Verbot des Schulbesuchs aber auch der Entzug von Liegenschaften und Mobilien (Wohnwagen, Pferde usw.). Auch nach 1945 zahlten die "Zigeuner" zu jener Opfergruppe denen Entschadigungen und Ruckstellungen vorenthalten wurden. So gab es vielfaltige Schwierigkeiten bei der Anerkennung als rassisch Verfolgte, da die NS-Kategorisierung als "Asoziale" ubernommen wurde. Daruber hinaus wurden "Zigeunerlager" wie Lackenbach nicht als Haftstatte anerkannt und oft war die fehlende osterreichische Staatsburgerschaft vor 1938 ein Hindernis bei der Beanspruchung der Opferfursorge Zu den Autoren: Florian Freund, Dr. phil, geb. 1953, Univ. Lektor am Institut fur Zeitgeschichte der Universitat Wien, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Dokumentationsarchivs des osterreichischen Widerstandes, arbeitet seit 1981 an Forschungsprojekten zu Nationalsozialismus, Konzentrationslager, Zwangsarbeit, Kriegswirtschaft und "Zigeunerpolitik" in Osterreich im 20. Jahrhundert, Publikationen (Auswahl): Arbeitslager Zement. Das Konzentrationslager Ebensee und die Raketenrustung, Wien 1989; Die Zahlenentwicklung der auslandischen Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen auf dem Gebiet der Republik Osterreich 1939 - 1945. Gutachten im Auftrag der Historikerkommission der Republik Osterreich, Wien 2000 (gemeinsam mit Bertrand Perz). Gerhard Baumgartner, Mag. phil., geb. 1957, Historiker und Journalist, Mitherausgeber der OZG - Osterreichische Zeitschrift fur Geschichtswissenschaften, Lehrbeauftragter der Universitat Wien, Salzburg, Klagenfurt, Tel Aviv und Budapest. Programmverantwortlicher Redakteur ungarischsprachiger TV-Sendungen des ORF-Landesstudios Burgenland, arbeitet seit 1985 an Forschungsprojekten zu ethnischen und religiosen Minderheiten in Osterreich und den Gebieten der Habsburgermonarchie, Nationalismustheorie, nationale Identitat, burgenlandische Landesgeschichte, Nationalsozialismus, Arisierungsverfahren und ungarische Geschichte des 20. Jahrhunderts. Publikationen (Auswahl, zuletzt) Minderheitenpolitik im Burgenland, Politik burgenlandischer Minderheiten 1945-2000, in: Roland Widder (Hg), Geschichte des Burgenlandes in der Zweiten Republik, Salzburg 1999, Roma und Sinti im Burgenland 1945-2000. Zur aktuellen Situation einer Volksgruppe (Gemeinsam mit Florian Freund), Wien 2001. Harald Greifeneder, Mag. phil, geb. 1966, Ausbildung als Behindertenbetreuer, Studium der Geschichte und Facherkombination mit Schwerpunkt auf aussereuropaischer Geschichte an der Universitat Wien, Forschungen zur Wissenschaftsgeschichte und zur italienischen Kolonialgeschichte, Mitarbeit bei mehreren Forschungsprojekten zur Geschichte der Sinti und Roma in Osterreich im 20. Jahrhundert und zu Fragen der "Arisierung" und Ruckstellung von Liegenschaften. Lebt als freischaffender Historiker in

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    Die vorliegende Publikation behandelt aus regionalhistorischer Perspektive Enteignungen, Arisierungen und Ruckstellungsverfahren im Burgenland zwischen 1938 und 1945 und danach. Im Burgenland lebten im Marz 1938 rund 4000 Personen, die von den nachfolgenden "Arisierungen" des als "judisch" eingestuften Besitzes betroffen waren, darunter - laut Volkszahlung 1934 - 3.632 Personen judischen Glaubens. Die ersten Tage nach dem "Anschluss" Osterreichs an NS-Deutschland waren durch Ausschreitungen gegen die judische Bevolkerung gekennzeichnet, die Beraubungen setzten erst ein bis zwei Wochen danach ein. Die Vermogensanmeldungen burgenlandischer Juden sind ausserst luckenhaft. Viele Juden und Judinnen aus dem Burgenland waren zu diesem Zeitpunkt bereits nach Wien gefluchtet und ihre dort gemachten Angaben sind vielfach ungenau oder beruhen auf Schatzungen. Das Fehlen zahlreicher Vermogensanmeldungen erklart sich zum Teil auch aus dem Umstand, dass besonders im Sudburgenland viele Juden und Judinnen ohne Formalitaten nach Ungarn oder Jugoslawien abgeschoben worden oder gefluchtet waren. Im Dezember 1938 waren bereits alle Juden aus dem Burgenland vertrieben, das Burgenland war "judenfrei." Die massenweise Vertreibung der burgenlandischen Juden ins Ausland durch Gruppen- und Einzeltransporte wurde von der Gestapo sowie der Vermogensverkehrsstelle im Ministerium fur Arbeit und Wirtschaft unter zwangsweiser Kooperation der Wiener Kultusgemeinde organisiert. Bei den Ruckstellungen zeigt eine Auswertung der Immobilienruckstellungskategorien, dass die uberwiegende Mehrzahl der Eigentumer und Eigentumerinnen judischer Immobilien des Burgenlandes entweder nie ihr grundbucherliches Eigentum verloren - 36,6 % -, oder aber in einem Ruckstellungsverfahren entweder wieder als grundbucherliche Eigentumer intabuliert wurden - 31,2 % - oder im Rahmen eines Ruckstellungsverfahrens von den Erwerbern mehr oder minder entschadigt wurden - 31,5%. Diese sich mehrfach uberschneidenden Kategorien ergeben eine Ruckstellungsrate von insgesamt 91,6 %. Ihr stehen allerdings 8,4% ehemalige judische Besitzer gegenuber, bei denen keine wie immer geartete Ruckstellung ersichtlich ist. Nur 5,1% des entzogenen judischen Eigentums im Burgenland ging nach 1956 ins Eigentum der Sammelstelle A und Sammelstelle B uber. Fur den Anteil des Betriebsvermogens bei abgewickelten Betrieben ist keine Ruckstellung feststellbar. Das wurde bedeuten, dass nur 35 % des ehemaligen judischen Betriebsvermogens uberhaupt in den Ruckstellungsverfahren abgehandelt wurden. Dabei durften aber im Jahre 1946 zumindest Teile von eindeutig als Liquidationserlose identifizierbaren Guthaben noch vorhanden und verfugbar gewesen sein. Probleme mit der Ruckstellung des Eigentums der fruheren judischen Gemeinden gab es vor allem in den drei sudburgenlandischen Bezirken Oberwart, Gussing und Jennersdorf. Nach 1945 wurde der Zustandigkeitsbereich der Israelitischen Kultusgemeinde Graz auf diese drei Bezirke ausgedehnt