Die Endlichkeit menschlicher Existenz ist anthropologisch konstant, doch sind die Formen ihrer Wahrnehmung historisch und kulturell höchst variabel. Dieser Band untersucht verschiedene Umgangsformen mit dem Tod in Mittelalter und Früher Neuzeit. In der Konfrontation mit der eigenen Sterblichkeit werden in vielfältigen Bewältigungsstrategien wie Erzählungen, Bildern, Symbolen und Ritualen für das mittelalterliche Denken grundlegende Aspekte von Zeitlichkeit reflektiert, die sich als Phänomene von Heterochronie beschreiben lassen. Das Spektrum der Beiträge eröffnet so einen Zugang zu einem differenzierten historischen Verständnis der vielfältigen Austauschphänomene zwischen Diesseits und Jenseits wie auch der Integration divergenter Zeithorizonte in die mittelalterliche Lebenspraxis. The finite nature of human existence is anthropologically constant. However, the characteristics of its perception varies extremely throughout history and within different cultures. This volume analyses different ways to cope with death in the Middle Ages and Early Modern times. In the confrontation with one's own mortality various coping strategies like narratives, pictures, symbols and rituals reflect fundamental aspects of medieval thinking that can be described as phenomena of heterochrony. Thus, the various contributions enable an access to a sophisticated historical understanding of the various interchangeable phenomena between this life and the hereafter as well as the integration of divergent time horizons in the medieval life practice.
Ob Juristen, Mediziner oder Ökonomen – Expertenfiguren prägen bereits seit Jahrhunderten die okzidentalen Gesellschaften. Als Träger und Verwalter exklusiver Wissensbestände haben sie eine soziale Sonderstellung inne. Denn sie bestimmen maßgeblich die Zugänglichkeit, Organisation und Ausformung des verfügbaren Wissens und behaupten auf diese Weise eine weitreichende Machtposition, die häufig Kritik provoziert. Gleichwohl sind sie ihrerseits ebenso von den Nicht-Experten abhängig, ist die Expertenrolle doch wesentlich ein Produkt sozialer Aushandlungsprozesse: Experte ist man nicht, man wird es durch die eigene wie auch die fremde Zuschreibung spezifischen Wissens. Der Expertenstatus beruht so zu weiten Teilen auf Momenten der Selbstdarstellung und Inszenierung, auf Symboliken und Habitus. Die Beiträge des vorliegenden Bandes nehmen aus der Perspektive unterschiedlicher Disziplinen europäische und außereuropäische Kulturen diese Mechanismen in Expertenkulturen vom 12. bis zum 21. Jahrhundert in den Blick. Anhand etwa von Wirtschaftsexperten der Gegenwart und von mittelalterlichen Astrologen, niederländischen Nautik-Expertisen der frühen Neuzeit und japanischen Rechtsexperten werden Legitimations- und Kommunikationsstrategien sowie Wissens- und Handlungsformen von Experten sichtbar gemacht.
· 2019
In Kreative Gegensätze Marcel Bubert analyses the debates among medieval scholastics on the social usefulness of learned knowledge in their specific social and cultural contexts. In particular, he shows how the skepticism towards the scholars as well as the tensions between the University of Paris, the French royal court, and the citizens of Paris had profound effects on the scientific community, and led to very different views on the utility of philosophy. Some Masters responded to the expectations of society by emphasizing the autonomy of philosophical cognition. Others departed radically from this notion of science “for its own sake”, and created decidedly “practical” concepts of knowledge. The examination of these contentious relations shows how the dynamics of mutual demarcation within this “constellation” became intellectually prolific by way of generating highly original and innovative responses to the question of the utility of philosophy. See inside the book.
Was ist Aufklärung? Die Frage scheint aktueller denn je. Viel spricht für eine weite Perspektive, die über das 18. Jahrhundert hinausblickt, den eurozentrischen Rahmen überschreitet und 'Aufklärungen' kultur- und epochenübergreifend fasst. Die 30 Beiträge des Bandes verstehen 'Aufklärung' als anthropologische Kategorie, gehen dem engen Zusammenhang mit Bildung und Religion nach und diskutieren historisch-kulturelle Differenzen und Kontinuitäten. Thematisiert werden verschiedene Spielarten von 'Aufklärung' im klassischen 'pädagogischen Jahrhundert', die Frage nach 'Aufklärung' im Mittelalter, 'aufklärerische' Bildungskonzepte seit dem 19. Jahrhundert, die Spannungsfelder Islam und Gender sowie Varianten von 'Aufklärung' als 'Kulturtransfer' oder eigenständiger Entwicklung mit den Beispielen Island, Turkestan, Mongolei und Japan.
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· 2022
Der vorliegende Band versammelt in bearbeiteter Form Beiträge, die im Juni 2018 auf der Tagung "Verstellungskünste. Religiöse und politische Hypokrisie in Literatur und bildender Kunst" am Münsteraner Exzellenzcluster Religion und Politik vorgetragen wurden. Die Frage nach dem Verhältnis von Aufrichtigkeit und Verstellung, Lüge und Wahrheit, die 2018 insbesondere in dem von US-Präsident Donald Trump wiederholt an die Medien gerichteten Fake News-Vorwurf einen aktuellen Bezugspunkt fand, hat seither nichts von ihrer Brisanz eingebüßt. Im Gegenteil: Der Ukraine-Krieg ist auch Informationskrieg und Propagandaschlacht; alle Medien, darunter Social Media, spielen eine wichtige Rolle für die Information über Kriegshandlungen und die Lenkung der öffentlichen Meinung. Auch die Corona-Pandemie und die mit ihr einhergehenden Vermutungen über den Ursprung des Virus ebenso wie die nicht unumstrittenen Methoden zu dessen Bekämpfung haben nicht nur zur Infragestellung von Expertenmeinungen geführt, sondern auch Desinformation und Verschwörungsglauben befördert. Erschwert wird die Unterscheidbarkeit von wahrer und falscher Information in unserer Gegenwart durch neue technische Möglichkeiten, darunter die Produktion von Deepfakes mithilfe von Künstlicher Intelligenz. Ziel dieses Bandes ist es, wiederkehrende Phänomene der Täuschung in Religion und Politik zu untersuchen und die Erkenntniskraft von Literatur in den Fokus zu rücken: Literatur kann Mechanismen von Heuchelei und Verstellung offenlegen und eine kritische Haltung gegenüber Wahrheitspostulaten initiieren. Die Mehrzahl der Beiträge stammt aus den Philologien, namentlich der Latinistik, Germanistik und Romanistik; bereichert wird der Band darüber hinaus durch Artikel aus der Geschichtswissenschaft und der Philosophie.Allen Verfasser*innen sei an dieser Stelle herzlich für ihre Vorträge und Diskussionsbeiträge auf der Tagung sowie die Textfassungen für dieses Buch gedankt. Prof. Dr. Sita Steckel danke ich für ihre Expertise und viele bereichernde Gespräche. Dank gebührt zudem Erik Plothe für seine freundliche und umsichtige Unterstützung bei der Erstellung der Druckvorlage. Dem Exzellenzcluster Religion und Politik danke ich für die finanzielle Unterstützung der Publikation.