· 2013
Das späte 18. und frühe 19. Jahrhundert war eine literarische Blütezeit. Die Ästhetik habe dabei, so eine weitläufige Annahme der Forschung, das Bildungssystem 'Rhetorik', das bis dahin die geistige Kultur des Abendlandes maßgeblich geprägt hat, verdrängt. Die Studie will dagegen zeigen, daß das Interesse der Gebildeten an Rhetorik im allgemeinen und an öffentlicher Rede im besonderen um 1800 keineswegs erloschen ist, im Gegenteil. Zwar fehlten in Deutschland die klassischen Foren öffentlicher Rede, Parlament und Gerichtssaal; die politische Rhetorik, wie sie im englischen Unterhaus und seit 1789 in der französischen Nationalversammlung gepflegt wurde, bot gleichwohl Anlaß genug, ebenso intensiv wie kontrovers über Möglichkeiten und manipulative Gefahren öffentlicher Rede in einer Zeitenwende zu diskutieren. Die Vielschichtigkeit dieses Diskurses wird an exemplarischen theoretischen wie literarischen Texten aufgezeigt und erörtert. Das Buch untersucht zudem konkrete Versuche, die Beredsamkeit in der politischen Praxis zu verankern, insbesondere in der Propaganda der deutschen Jakobiner sowie der Ideologen der Befreiungskriege. Darüber hinaus werden die Foren öffentlicher Rede, die in Deutschland auch um 1800 existierten, in den Blick gerückt: Die Kathederberedsamkeit warb im expandierenden Medium der öffentlichen Vorlesungszyklen um ein breiteres Publikum; auf der Kanzel wurde insbesondere im Zuge der Befreiungskriege verstärkt politisch gepredigt; der Funktion öffentlicher politischer Predigt in der Dramentheorie und -praxis um 1800 ist dann das abschließende Kapitel gewidmet.
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· 2021
Als Goethe 1786 nach Italien aufbrach, begründete er gegenüber Herzog Carl August seine Reise mit Vorstellungen einer gelehrten Muße, die seit der Antike Freiräume für geistige Tätigkeiten legitimierten. Peter Philipp Riedl untersucht innerhalb dieses Rahmens einer temporären Freiheit von beruflichen Verpflichtungen konkrete Ausprägungen urbaner Muße, die in der Italienischen Reise insbesondere aus Verona, Padua, Venedig, Rom, Neapel und Palermo geschildert werden. Übergänge von Aktivität und Passivität, von durchaus anstrengender, aber selbstbestimmter Arbeit und Genuss werden ebenso analysiert wie unterschiedliche Muster kontemplations- und erlebnisorientierter Muße. Ergänzt werden diese Überlegungen durch Interpretationen von Formen narrativer Muße in Das Römische Carneval, poetischen Inszenierungen der Raumzeitlichkeit von Muße in den Römischen Elegien sowie Evokationen lyrischen Flanierens in den Venezianischen Epigrammen.
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· 2019
Es gibt Mythen des Entscheidens, die immer wieder erzählt werden, wie beispielsweise die Entscheidung von Adam und Eva im Paradies, vom Baum der Erkenntnis zu essen, das Urteil des Paris, Herakles am Scheideweg oder Buridans Esel, der sich zwischen zwei Heuhaufen nicht entscheiden kann und deshalb zugrunde geht. Der aus dem Münsteraner Sonderforschungsbereich 1150 »Kulturen des Entscheidens« hervorgegangene interdisziplinäre Tagungsband untersucht das Verhältnis von Mythos, Narration und Entscheiden. Er setzt in Mythos und Literatur erzählte Entscheidensszenarien in Bezug zu modernen Theorien des Entscheidens und fragt nach ihrer Funktion sowie den Veränderungen in unterschiedlichen historischen und kulturellen Kontexten. Analysiert werden einerseits Entscheidenssituationen, die in Mythen dargestellt werden; andererseits wird auch deutlich, in welcher Weise Mythen selbst Entscheidensdispositive darstellen. Die Beiträge des Bandes zeigen, wie Entscheidensmythen und -narrative der Kontingenzbewältigung dienen und betonen den sozialen Handlungscharakter des Entscheidens.
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